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DAS ZWEITE VATIKANISCHE KONZIL
In der Behandlung der Konstitution über die Kirche musste sich das
Zweite Vatikanische Konzil auch mit der Stellung beschäftigen, die Maria am
Heilswerk einnimmt. Zweimal kam es zu lebhaften Auseinandersetzungen. Das erste
Mal, als es darum ging, Maria im Rahmen des Gesamtthemas des Konzils — der
Kirche — zu sehen oder an sich mit all ihren Vorzügen und Aufgaben. Mit
knapper Mehrheit entschied sich das Konzil für den ersten Vorschlag. Das zweite
Mal betraf es die für uns wichtige Frage, ob Maria Mittlerin genannt werden
darf. Dieser Titel fand sich in dem Gebet, das in den Konzilstext aufgenommen
war: Unter deinen Schutz und Schirm. Der Erzbischof von Utrecht, Kardinal
Alfrink, forderte die Streichung dieser Benennung unter Hinweis auf die zu
erwartenden Schwierigkeiten im ökumenischen Gespräch. Dagegen setzte sich der
Erzbischof von Köln, Kardinal
Frings, für die Beibehaltung des Titels ein. Er begründete seinen Vorschlag
damit, dass zunächst der Titel in einem uralten Gebete sich finde und darum
kein Grund bestehe, sich von diesem Gebetstext zu distanzieren, dass aber zudem
eine ausführliche Erklärung der Konzilsväter mit diesem Hinweis auf den
Gebetstext verbunden sei, wie die Mittlerschaft verstanden werden müsse, und
dass schließlich die Gefahr drohe, dass der Gesamttext der Konstitution über
die Kirche nicht mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden könne, da eine überwältigende
Anzahl Konzilsväter zu diesem Titel stehe. Das Konzil nahm den Vorschlag des deutschen Kardinals an. Weil aber der Titel Mittlerin noch in
der theologischen Diskussion stand, wollte das Konzil diesen Titel in seinen
Ausführungen über Maria nicht verwenden. So griff es den Titel auf, der als
erster auf dem Konzil zu Ephesus (431) dogmatisiert worden war: Gottesmutter. So
konzentrierte es all seine Ausführungen, die sich mit ihrem Verhältnis zu
Christus und zur Kirche beschäftigten, auf den Titel: Mutter Christi und Mutter
der Kirche.
Dass dahinter aber die Frage der Mittlerschaft stand, ersieht man aus den
Darlegungen über das Wesen der Mittlerschaft, die sich unmittelbar an die
eindeutige Aussage: «In der Ordnung der Gnade ist sie (Maria) Mutter» anschließen.
(61)
Worauf es dem Konzil ankam, war die Sorge, durch den Titel «Maria
Mittlerin» könne die Einzigkeit und Ausschließlichkeit des Mittlertums
Christi, wie es 1 Tim 2,5—6 deutlich ausspricht, beeinträchtigt werden. Darum
bemüht sich das Konzil, Christus in seiner ausschließlichen und einzigartigen
Mittlerstellung unangetastet zu lassen. Doch es kommt nicht an der Tatsache
vorbei, dass auch das Priestertum ein Mittlerdienst ist (Nr. 62; Hebr 5,1—4)
— sowohl das Amtspriestertum als auch das allgemeine (1 Petr 2,9). Doch dieses
Mittlertum ist nur eine Teilnahme am Priestertum Christi, darum besteht es in
einer völligen Abhängigkeit vom Hohenpriestertum des Herrn, so, dass die
Mittlerfunktion Christi in keiner Weise geschmälert wird.
Außerdem weist das Konzil auf die Güte Gottes hin. Auch diese ist
einzig in der Fähigkeit, Gutes zu gewähren und sich zu verschenken. Aber das
schließt nicht aus, dass die Geschöpfe an dieser Güte teilhaben können,
nicht neben Gott, sondern in Abhängigkeit von ihm, so, dass auch sie gut sein können.
Somit erklärt es grundsätzlich für jede Teilnahme am Mittlertum
Christi: «Keine Kreatur kann mit dem menschgewordenen Gott und Erlöser jemals
in einer Reihe aufgezählt werden», fügt dann hinzu: «Die Einzigkeit der
Mittlerschaft des Erlösers im geschöpflichen Bereich schließt eine
unterschiedliche Teilnahme an der einzigen Quelle in der Mitwirkung nicht aus,
sondern erweckt sie.» (62)
Worauf es dem Konzil bei diesen Untersuchungen ankam, ersieht man
deutlich aus der Folgerung, die aus allem gezogen wurde. Wie steht es mit der im
Gebet angerufenen Mittlerin (Du, unsre Frau, unsre Mittlerin, unsre Fürsprecherin)?
Wie ist also Mariens Mittlerschaft und Mutterschaft zu verstehen? Das Konzil
antwortet: «Eine solche untergeordnete Aufgabe Mariens zu bekennen, zögert die
Kirche nicht, sie erfährt sie auch ständig und legt sie den Gläubigen ans
Herz, damit sie unter diesem mütterlichen Schutz dem Mittler und Erlöser
anhangen.» (62)
Das Konzil sah sich aber gezwungen, näher auf den Grad der Teilnahme
Mariens an der Mittlerschaft Christi einzugehen.
Es stellt fest, dass der Sorge Mariens nicht nur Christus, dem sie Mutter
ist, sondern auch die Kirche, ja, die ganze Menschheit anvertraut ist. Sie ist
darum Mutter im weitesten Sinne, Mutter des Lebens — eine andere Eva, wie der
hl. Irenäus sie nennt. Das Konzil wiederholt seinen Satz: «Für das ganze
Menschengeschlecht ist sie die Ursache des Heiles geworden.» (56)
Der Gegenstand der Sorge und darum Vermittlung Mariens ist, wie das
Konzil darlegt, die Umfassung des «Heilswillens Gottes» (56), die «Wiederherstellung
des übernatürlichen Lebens in den Seelen» (61), die «Erlangung der seligen
Heimat» (62), «die ewige Vollendung aller Auserwählten» (62), mit einem Wort
«das Heilswerk»(57). Das Konzil bestätigt ihr, dass sie «in einzigartiger
Weise am Werk des Erlösers mitgewirkt habe» (58). Das war aber nur möglich,
weil sie «ein überragendes und einzigartiges Glied der Kirche ist» (53).
Worin besteht aber diese Einzigkeit, die sie zu einer einzigartigen
Mitwirkung im Heilswerk befähigt? Das Konzil sieht diese Einzigartigkeit in der
Art ihrer Berufung. Mit Pius IX. bekennt es, dass «die selige Jungfrau von
Ewigkeit her zusammen mit der Menschwerdung des göttlichen Wortes als Mutter
Gottes vorherbestimmt wurde.» (61) Es ist eine enge und unauflösliche
Verbindung, die sie mit der höchsten Aufgabe und Würde beschenkt. «Dadurch
hat sie auch bei weitem den Vorrang vor allen andren himmlischen und irdischen
Geschöpfen.» (53) Diese Einheit begann mit der jungfräulichen Empfängnis,
bewährte sich unter dem Kreuze, wurde durch die Himmelfahrt Christi nicht
unterbrochen und vollendete sich im Himmel durch die leibliche Aufnahme und die
Krönung (57—58—59). In dieser Vereinigung zeigte sich Maria als die «demütige
Magd» und die «großmütige Gehilfin des göttlichen Erlösers», mit ihm
wirkend, mit ihm leidend, stets ihm untergeordnet, aber fest mit ihm verbunden.
(61) Das Konzil bemüht sich auch, darzulegen, worin der Anteil Mariens bei der
«Wiederherstellung des übernatürlichen Lebens in den Seelen» besteht. Es ist
zunächst die Fürbitte, die vor allem bei dem ersten öffentlichen Wunder Jesu,
auf der Hochzeit zu Kana, sichtbar wurde. (58) Die Fürbitten Mariens kennen
eine Intensität und eine Vielfalt, dass das Konzil nur staunend und ermunternd
die Gläubigen anspornen kann, sich an Maria zu wenden (62). Das Konzil selbst
wendet sich an sie mit seinen Bitten um Einheit im Glauben und die Einheit der Völkerfamilien,
ob sie den christlichen Namen tragen oder nicht, damit ein einiges, in Friede
und Eintracht glückselig vereintes Gottesvolk zur Ehre des dreifaltigen Gottes
entstehe. (69)
Die mütterliche Sorge und Vermittlung Mariens zeigt sich weiter in ihrem
Tugendbeispiel. Darum wird die Kirche nicht müde, Mariens geheimnisvolle
Heiligkeit zu betrachten, ihre Liebe nachzuahmen und den Willen des Vaters
getreu zu erfüllen. Ihr möchte sie ähnlich sein durch dauerndes Wachstum in
Glaube, Hoffnung und Liebe und durch das Suchen und Befolgen des Willens Gottes
(65). Ja, so sehr ist sie Vorbild für die Kirche, dass sie in ihrer
Mutterschaft und Jungfräulichkeit ihr Urtyp geworden ist (63, 64). Daher spornt
sie auch die Gläubigen an, sich durch ihr Vorbild zur Nachahmung ihrer Tugenden
antreiben zu lassen (67).
Schließlich zeigt sich ihre vermittelnde Mutterschaft darin, dass sie
das Haupt und die Glieder des mystischen Leibes gebiert. Die Mutterschaft
Christi ist die grundlegende Tat ihrer Vermittlung und ihrer mütterlichen Sorge
gegenüber den Menschen (52, 53).
Das entscheidende Motiv ihrer Mitwirkung am Heilswerk ist nach den Worten
des Konzils der göttliche Auftrag: «Sie umfing den Heilswillen Gottes mit
ganzem Herzen und von Sünde unbehindert.» (56)
Somit nahm sie den Willen des Vaters an, der sie zur Gehilfin und Magd
seines Sohnes bestimmte: «Sie gab sich als Magd des Herrn ganz der Person und
dem Werke ihres Sohnes hin.» (56)
Schließlich treibt sie Mitleid und Mitgefühl mit den Menschen,
einerseits in den Verlegenheiten und Nöten des Alltags (58), andrerseits mit
der Unerlöstheit der Geschöpfe, so, dass sie «dem Geheimnis der Erlösung
diente» (56) und «uns die Gaben des ewigen Heiles erwirkt» (62). Das bedeutet
aber, wie das Konzil betont, dass sie in ihrem ganzen Wirken für die Gläubigen
sorgt, dass «sie unter ihrem mütterlichen Schutz dem Mittler und Erlöser
inniger anhangen.» (62)
Diese Aufgabe als Mutter Christi und der Kirche, ja des ganzen
Menschengeschlechtes ist völlig unverdient. Ist im Wesen auch nicht notwendig
zu unsrem Heil. Aber Gottes Wille hat sie trotzdem zum Vollzug des Heilswerkes
bestimmt. Darum kann das Konzil erklären: «Jeglicher heilsame Einfluss der
seligen Jungfrau auf die Menschen kommt nicht aus irgendeiner sachlichen
Notwendigkeit, sondern aus dem Wohlgefallen Gottes. Ihre Wirkkraft fließt aus
dem Überfluss der Verdienste Christi, stützt sich auf seine Mittlerschaft, hängt
vollständig von ihr ab und schöpft aus ihr ihre ganze Kraft.» (60)
Und doch hat Gott von ihr gefordert, dass ihre Teilnahme an dem Heils-
und Erlösungswerk nicht passiv sei, sondern sich in einem Maximum an Freiheit
und Tätigkeit erzeige. Was der Herr von ihr verlangte, ist ein Höchstmaß auch
an Tugenden, ist eine Haltung höchster Hingabe an Christus. Das Konzil fasst
all dies in die kurzen Sätze; «Indem sie Christus empfing, gebar und nährte,
im Tempel dem Vater darstellte und mit ihrem am Kreuze sterbenden Sohn litt, hat
sie beim Werk des Erlösers in durchaus einzigartiger Weise in Gehorsam, Glaube,
Hoffnung und brennender Liebe mitgewirkt zur Wiederherstellung des übernatürlichen
Lebens der Seelen.» (61)
Um ihren persönlichen Anteil scharf hervorzuheben, verweist das Konzil
auf Eva: «Der Knoten des Ungehorsams Evas wurde durch den Gehorsam Marias gelöst
— was die Jungfrau Eva durch den Unglauben gebunden hat, hat die Jungfrau
Maria durch den Glauben gelöst.» (56) Das Konzil legt es noch deutlicher dar:
«Als neue Eva schenkte sie nicht der alten Schlange, sondern dem Boten Gottes
einen von keinem Zweifel verfälschten Glauben.» (63)
Besonderes Gewicht legt das Konzil auf ihren Anteil an dem Erlösungsleiden:
«Ihre Vereinigung mit dem Sohn hielt sie in Treue bis zum Kreuz, wo sie nicht
ohne göttliche Absicht stand, heftig mit ihrem Eingeborenen litt und sich mit
seinem Opfer in mütterlichem Geist verband, indem sie der Darbringung des
Schlachtopfers, das sie geboren hatte, liebevoll zustimmte.» (58)
Das Konzil weist auf zwei entscheidende Augenblicke im Leben Mariens hin,
in denen ihre Beauftragung mit der Mutterschaft, also mit der Mitwirkung am
Heilsplane erfolgte. Einerseits war es die Stunde von Nazareth: «Der Vater der
Erbarmung wollte, dass vor der Menschwerdung die vorbestimmte Mutter ihr
empfangendes Ja sagte, damit auf diese Weise so, wie eine Frau zum Tode
beigetragen hat, auch eine Frau zum Leben beitrüge. Das gilt in erhabenster
Weise von der Mutter Jesu, die das Leben selbst, das alles erneuert, der Welt
geboren hat.» (56) Andrerseits sieht es die endgültige Beauftragung Mariens
mit ihrer Mutterschaft für die Menschen in den Stunden auf Kalvaria: «Schließlich
wurde sie von Jesus selbst, als er am Kreuze starb, dem Jünger zur Mutter
gegeben mit den Worten: «Frau, sieh da dein Sohn!» (58)
Das Konzil hat wohl eindeutig dargelegt, dass es nur einen Mittler
zwischen Gott und den Menschen gibt: Christus. Darum lag ihm auch daran zu
betonen, dass diese Mittlerschaft nicht vermindert, aber auch nicht vermehrt
werden kann durch irgendeine Teilnahme eines Geschöpfes (60, 62). Und trotzdem
zeigt sich nach den Worten des Konzils eine sichtbare Auswirkung durch die
Teilnahme Mariens an dem Mittlertum Christi: die unmittelbare Vereinigung der
Glaubenden wird durch sie wohl in keiner Weise gehindert, aber sie wird
befestigt und sogar geweckt (62) und gefördert (60).
In anderer Formulierung sagt das Konzil: «Nachdem Maria durch die göttliche
Mutterschaft Christus das Leben geschenkt, den sie geboren hat — den von Gott
bestimmten Erstgeborenen — unter vielen Brüdern — wirkt sie in Liebe mit am
übernatürlichen Leben der Gläubigen, bei deren Geburt und Erziehung.» (63)
Diese Mitwirkung am Heilswerk durch Maria wie überhaupt die ganze
Heilsplanung Gottes geht auf seine Güte und Weisheit zurück, auf ihn, den
Vater der Erbarmungen (52, 56). Maria ist in diesem Werke die erhabenste Aufgabe
zugefallen, obwohl sie eine Adamstochter war (56), mit allen erlösungsbedürftigen
Menschen in der Nachkommenschaft Adams verbunden (53): sie bedurfte aber dazu
der besondern Wirkung des Heiligen Geistes, der sie in ihrer unbefleckten Empfängnis
gewissermaßen zu einem neuen Geschöpf gemacht hat (56). In der Überschattung
des Heiligen Geistes wurde sie Mutter Christi, in der Überschattung desselben
Heiligen Geistes am Pfingstfeste zeigte sie sich als Mutter der Kirche (59).
In diesem Sinne erweist sie sich mit dieser ihrer Aufgabe als Frau,
Mittlerin und Fürsprecherin — als demütige Magd des Herrn und großmütige
Gehilfin — als Mutter Christi, der Kirche und der Menschheit — als das
klarste Urbild jeglicher Mitwirkung am Heilswerke Gottes (63, 64).
Zusammenfassend können wir feststellen, dass das Konzil jeglichen
Eindruck vermeiden wollte, als ob es ein Nebeneinander von Maria und Christus,
also eine Gleichstellung beider gäbe. Zunächst zeigt sich das in der Zurückhaltung,
die sich das Konzil in der Bezeichnung «Maria — Mittlerin» auferlegt. Mit
allem Nachdruck betont es die untergeordnete Rolle, die Maria in ihrer
Mitwirkung spielt. Wenn es auch auf die Tatsache der engen und unauflöslichen
Verbindung Mariens mit Christus hinweist, so deutet es diese nur im Sinne einer
Teilnahme. Um diesen Ausdruck in seiner ganzen Gewichtigkeit herauszustellen,
verweist es darauf, dass jegliches Geschöpf eine Möglichkeit der Teilnahme
hat, wie z. B. das Amtspriestertum oder jeder Mensch in seiner sittlichen
Haltung, gut zu sein. Außerdem beschränkt es auffallend stark die mütterliche
vermittelnde Sorge auf zwei Wirkarten: die Fürbitte und das Beispiel. In keiner
Weise möchte es den Gedanken einer stellvertretenden Aufgabe Mariens in
Betracht ziehen, wie es Pius XII. im Sinne und nach den Ausführungen des hl.
Thomas von Aquin getan hat. Selbst bei der Parallele, die es zu Eva zog, kam
nicht eine Repräsentation der Menschheit durch Maria in Frage in der Bedeutung
einer neuen Stammmutter des Menschengeschlechtes an der Seite des neuen Adam —
Christus —, sondern nur ein Vergleich der sittlichen Haltung beider: Eva —
die ungehorsame und ungläubige — Maria die gehorsame und glaubende.
Die Stellung Mariens erschöpft sich vielmehr in der Aufgabe der
Mutterschaft: an erster Stelle der des Herrn. Ihr persönlich wird sie gegeben
als eine, die eine enge Verbindung mit ihm dem Leibe und dem Geiste nach
schafft. Am Kreuze wird durch den Herrn namentlich diese Mutterschaft auf die
ganze Menschheit ausgedehnt, und zu Pfingsten tritt sie in besonderer Form als
die der Kirche hervor.
Es ist also eine Mutterschaft, die ausschließlich in einer ganz persönlichen
Berufung besteht, die aber nicht durch eine Repräsentationsaufgabe der
Menschheit motiviert ist.
Außerdem fällt auf, dass sich die Beweisführung fast ausschließlich
auf die Schriftstellen und die Väter, besonders auf die ersten Konzilien beschränkt.
Die marianischen Dogmen werden in diesem Lichte zitiert. Darum war es auch möglich,
die Mutterschaft Mariens als erste dogmatische Aussage über ihre Stellung in
der Argumentation des Konzils von Ephesus (431) darzustellen.
Den Grund für diese Verfahrensweise ersieht man deutlich aus dem Hinweis
auf die Ökumene (69).
Doch auffallend ausführlich und nachdrücklich wird die Beziehung
Mariens zur Kirche dargestellt. «Maria ist Typus der Kirche unter der Rücksicht
des Glaubens, der Liebe und der
vollkommenen Einheit mit Christus» (63). Doch wird ihre Mutterschaft, die sie
auch in diesem Sinne des Typus ausübt, wiederum näher als eine Mitwirkung in
Liebe erklärt. Die eigentliche Geburt erfolgt aus Gott (63, 64). Ja, das Konzil
verweist auf das Wort des hl. Augustinus: «Maria ist sogar Mutter der Glieder
(Christi) ..., denn sie hat in Liebe mitgewirkt, dass die Gläubigen in der
Kirche geboren würden, die dieses Hauptes Glieder sind.» (53) Offenbar ist das
Bestreben des Konzils, die Ausschließlichkeit der Geburt der Gläubigen aus
Gott, und zwar in der Kirche durch den sakramentalen Vollzug der Taufe
hervorzuheben. In keiner Weise soll die Mutterschaft Mariens in bezug auf die
Kirche als eine im strengen Sinne gnadenvermittelnde dargestellt werden, sondern
nur als eine im Sinne der Beihilfe — sie ist nur die Gehilfin Christi. Und
trotzdem zeichnet das Konzil eine solche Verbindung mit Christus, die sich in
einer völligen Aktionseinheit und maximalen personalen Wirkeinheit entfaltet,
dass es der Formulierung des hl. Irenäus zustimmt, dass «Maria für das ganze
Menschengeschlecht die Ursache des Heiles geworden ist». Es hat sich also dem
Gedanken an einer ursächlichen Stellung Mariens im Heilsplan nicht verschließen
können, allerdings in der Weise einer vollständigen Abhängigkeit und
Unterordnung. Ebenfalls weist es Maria in der Zuwendung der Erlösungsgnaden
einen solch universalen Bereich zu, dass sie als eine neue Stammmutter
erscheint. Doch umschreibt es diesen Anteil Mariens in der entscheidenden
Formel, dass es in Wirklichkeit die Mittlerschaft Christi ist, die sich in Maria
entfaltet. Aber feststeht, dass der Anteil Mariens in dieser Gnadenvermittlung
Christi unauflöslich mit diesem (Christus) verbunden ist, also wiederum ein
Wirkprinzip ausmacht.
Was aber ist ihr eigener Anteil an dieser Ursächlichkeit und an dieser
Wirkeinheit? Das Konzil hat ihn nur in Fürbitte und Beispiel gesehen und darin
das Wesen der Mutterschaft erkannt. Denn diese ist nicht eine unabhängige oder
selbständige, sondern nur eine Mitwirkung, eine Hilfe, und zwar eine dienende,
daher untergeordnete.
Die Frage lautet nach wie vor: genügt diese Hilfestellung zu der
Bezeichnung «Mutter»? Wird nicht mehr gefordert?
Doch das Konzil wollte sich mit dieser Frage nicht beschäftigen, da um
die Bestimmung des Anteils Mariens in der Theologie noch gerungen wird. Doch was
das Konzil über die Stellung Mariens im Heilsplan als Mutter und Mittlerin
gesagt hat, ist nach der Auffassung von Kardinal Döpfner, die er in seiner
Ansprache anlässlich des Jubiläumsgottesdienstes vor der Legio Mariae in München
dargelegt hat, hinreichend um Mariens Mittlerschaft im Sinne von Grignion von
Montfort, wie er ausführte, dogmatisch zu definieren. Aber weil das Konzil sich
nur einer pastoralen Aufgabe widmen wollte, sah es von einer Dogmatisierung ab.
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