Herz
Jesu voll Erbarmen
Seitdem im Jahre 1856 die
Herz-Jesu-Verehrung für die ganze Kirche eingeführt worden war, ergoss sich die
überreiche Barmherzigkeit des Herrn wie ein Sturzbach über sie. Wie viele Orden,
Gemeinschaften und Andachtsübungen sind entstanden. Den Höhepunkt erfuhr die
Verehrung des göttlichen Herzens durch die Weihe unseres Jahrhunderts durch Leo
XIII. infolge der Aufforderung der deutschen Nonne: Maria vom göttlichen Herzen
Jesu, geb. v. Droste Vischering.
Pius XI., von seinen
ersten Priesterjahren an ein treuer Ehrenwächter, (seine Stunde war von 5 - 6
Uhr nachmittags, die er auch als Papst treu hielt), formte in seiner maßgebenden
Enzyklika „Miserentissimus Redemptor“ die Weihe an das göttliche Herz zu einem
Ja der Bereitschaft zur Ganzhingabe als Schlachtopfer um. Drei Jahre später
erwies sich dieses Schreiben als entscheidend für die Haltung der Gläubigen.
Schwester Faustina, die
polnische Mystikerin, erhielt vom göttlichen Herzen die Anweisung, ihren
Beichtvater zu bitten, eine Ikone malen zu lassen, die das Herz Jesu darstelle -
als durchbohrt - mit den beiden Strömen von Blut und Wasser. Was Jesus in
Gethsemane dargeboten hatte: „Vater, nicht wie ich will, sondern wie du willst“,
erfüllte sich mit seinem letzten Wort: „Vater, in deine Hände empfehle ich
meinen Geist!“ Die Erlöserliebe, die er bis zum Ende seines Leidens und Lebens
bewiesen hatte, erwies sich durch die Öffnung seines Herzens durch den
Lanzenstich des Soldaten.
Es war jedoch eine Liebe
des Erbarmens: das geöffnete Herz war wie eine Türe geöffnet, die sich niemals
schließt, vielmehr zum Eintreten in die verzeihende Barmherzigkeit einlädt.
Zu Faustina sagte er: „Ich
habe die ganze Ewigkeit, um zu züchtigen; jetzt verlängere ich die Zeit meiner
Barmherzigkeit. Aus all meinen Wunden fließen Ströme der Liebe, sprich zur
ganzen Welt von meiner Barmherzigkeit.“
„Selbst wenn die Sünden
schwarz sind wie die Nacht, wenn der Sünder sich an meine Barmherzigkeit wendet,
verherrlicht er mich und ehrt meine Passion, in seiner Todesstunde werde ich
selbst ihn verteidigen zu meiner Verherrlichung. Wenn eine Seele meine Güte
preist, erzittert Satan vor ihr und flieht bis zu den Tiefen der Hölle.“
„Mein Herz leidet, denn
selbst geweihte Seelen kennen meine Barmherzigkeit nicht und bringen mir
Misstrauen entgegen. O, wie sie mir weh tun. Wenn ihr meinen Worten nicht
glauben wollt, so glaubt wenigstens meinen Wunden! Wie tief verletzt mich der
Mangel an Vertrauen!“
So wollte der Herr, dass
eine Ikone abgebildet werde gerade mit seinen Strömen von Blut und Wasser!
Was das aber gekostet hat,
weiß sie nur zu sagen: schier unüberbrückbare Schwierigkeiten seitens ihres
Beichtvaters wie auch ihrer Vorgesetzten! Sie wurde wie eine Hysterische
behandelt und gedemütigt.
Erst nach vier Jahren
gaben der Erzbischof wie auch die Generaloberin die Erlaubnis.
Doch seltsamerweise wurde
nach Anweisung des göttlichen Herzens diese Ikone am Hochfest der Gottesmutter
von Ostra Brama in Wilna aufgestellt. Noch in einer anderen Stadt fand sie eine
Bleibe: Krakau!
Die grausamen
Kriegsereignisse, unter denen besonders Polen zu leiden hatte, sollten zur
schnellen Verbreitung der Andacht zu dieser Ikone beitragen: beide Städte
blieben vor der Zerstörung bewahrt. Auf Grund dieser Tatsache entschlossen sich
die Bischöfe, in jeder Pfarrkirche sie aufstellen zu lassen. Johannes Paul II.
erhielt als damaliger Weihbischof von Krakau, den Auftrag, die
Vorbereitungsarbeiten für den Seligsprechungsprozess in die Hand zu nehmen.
So sehr beeindruckten ihn
die mystischen Erfahrungen von Faustina, dass er sein Schreiben über die
Barmherzigkeit des göttlichen Herzens zum eigentlichen Thema seines Pontifikates
erklärte.
Jetzt verstehen wir auch
die tiefe Bedeutung seines Wahlspruchs: totus tuus, genommen aus der
Aufforderung Jesu an seine Mutter unter dem Kreuz: Frau, sieh da deinen Sohn -
und Sohn, sieh da deine Mutter. Mit den Augen Mariens sah darum Johannes die
Bedeutung der Öffnung der Seite Jesu, die er mit den Worten feierlich
bestätigte: „Als sie aber zu Jesus kamen, zerschlugen sie ihm die Gebeine nicht,
sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich
floss Blut und Wasser heraus. Und der, der es gesehen hat, hat es bezeugt, und
sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er die Wahrheit spricht, damit auch ihr
glaubt.“ (Joh 19,34,35).
Wer sich umsieht, ist
erstaunt, wie gerade durch die Botschaften Faustinas die Herz-Jesu-Verehrung
einen kaum zu überschätzenden Aufschwung bekommen hat.
P.DDr. H. Pauels OSFS
Aus Die Ehrenwache, Heft
4, 49. Jg. 1987
|